BGH: keine Ewigkeitsgarantie für Sonderöffnung in Zweibrücken
Etappensieg für die Wettbewerbsgleichheit
Der Handelsverband begrüßt Aufhebung des OLG-Urteils durch den BGH
BTE-Präsident Steffen Jost (Modehaus Jost, Grünstadt), der mehrere Modehäuser u.a. in der Südpfalz betreibt, hatte mit Unterstützung der Verbände gegen einen Store innerhalb des Fashion Outlet in Zweibrücken geklagt.
Hintergrund der Klage ist, dass im Outlet die Geschäfte aufgrund einer älteren rheinland-pfälzischen Sonderregelung, „automatisch“ jährlich an circa 16 Sonntagen öffnen dürfen. Die Regelung wurde ursprünglich mit der Begründung erlassen, dass die sonntägliche Einkaufsmöglichkeit der Versorgung der Fluggäste dienen sollte. Die Landesregierung hielt an dieser Regelung fest, obwohl der Linienflugverkehr am Flugplatz schon seit Jahren eingestellt ist.
Dieses Thema betraf nicht nur Herrn Jost, sondern den gesamten stationären Handel in Rheinland-Pfalz. Denn der stationäre Einzelhandel in Rheinland-Pfalz darf aufgrund des Ladenöffnungsgesetzes nur an bis zu vier Sonntagen im Jahr öffnen – und auch nur dann, wenn ein konkreter Anlass – bürokratisch aufwendig – nachgewiesen wird.
BTE-Präsident Steffen Jost und BTE-Hauptgeschäftsführer Rolf Pangels
Der I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe hat am 27. Juli 2023 das Urteil des OLG Zweibrücken vom 4. August 2022 (Az. I ZR 144/22) aufgehoben und an das OLG zurückverwiesen.
Der BGH stellte fest, dass es bei der Zulassung von verkaufsoffenen Sonntagen im Zweibrücken Fashion Outlet (ZFO) – entgegen der Annahme des OLG – sehr wohl relevant sein könne, dass am Flugplatz Zweibrücken seit dem Jahr 2014 kein kommerzieller Linienflugverkehr mehr stattfinde.
Der Bundesgerichtshof hat dem Oberlandesgericht Zweibrücken ins Stammbuch geschrieben, dass es keine Ewigkeitsgarantie für eine Sonderregelung gibt, so Thomas Scherer, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Rheinland-Pfalz. Der BGH hat klargestellt, dass bei Veränderungen der maßgeblichen Umstände, Verordnungen auch überprüfbar werden. Eine Änderung der für den Erlass einer Verordnung maßgeblichen Umstände kann zur Rechtswidrigkeit der Verordnung führen. Die bisher von der Landesregierung geäußerte Auffassung, dass ihre Rechtsverordnung auch nach Verlust des Status als Linienflughafen in Zweibrücken Bestand habe, hat sich somit als brüchig erwiesen.
„Es ist ein Etappensieg.“, so Scherer weiter. Von Verbandsseite sei schon länger die Sonntagsöffnung in Zweibrücken, gerade im Hinblick auf die Wettbewerbsverzerrung für die stationären Händler, moniert worden.
Das OLG Zweibrücken muss nun die Landesverordnung zur Durchführung des § 7 Abs. 2 des Ladenöffnungsgesetzes Rheinland-Pfalz überprüfen. Ebenso ist das OLG in der Pflicht, zu weiteren Punkten, wie z.B. regionale Wirtschaftsförderung, Aussagen zu treffen.
BTE-Präsident Jost und BTE-Hauptgeschäftsführer Rolf Pangels konstatieren: „Mit dem Urteil des BGH wird eine jahrelange und massive Ungleichbehandlung de facto ein Ende finden müssen. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz ist nunmehr höchstrichterlich zum Handeln aufgefordert, nachdem sie jahrelang bewusst nichts gegen den offensichtlichen Missstand unternommen hat.“
Von Verbandsseite wurde betont, dass man den weiteren Prozess sehr aufmerksam verfolgen und der Landesregierung genau auf die Finger schauen werde.
Pangels unterstreicht nochmals, dass sowohl Jost als Unternehmen als auch der BTE insgesamt in der Sache für die Interessen vieler Händler in der Region gekämpft haben. „Sollte es, aus welchen Gründen auch immer, weiterhin zu einer einseitigen Bevorteilung des ZFO gegenüber dem Einzelhandel in den Innenstädten im Einzugsbereich kommen, stehen zahlreiche Händler für entsprechende Klagen bereit. Viele Händler haben durch unser entschlossenes Handel Mut geschöpft, sich gegen offensichtlich rechtswidrige Praktiken zur Wehr zu setzen“, so Pangels abschließend.
Quelle:
Bundesverband des Deutschen Textil-,
Schuh- und Lederwareneinzelhandels e.V.
Weinsbergstrasse 190
50825 Köln
Handelsverband Rheinland-Pfalz e.V.
Ludwigsstraße 7
55116 Mainz
Pressemitteilung Bundesgerichtshof 127/2023
27.07.2023
Die letzten Artikel
Handelsverband zeigt Unverständnis über großflächige Erweiterung des FOC Zweibrücken
„Der Zielabweichungsbescheid für die Freigabe der gewünschten Erweiterung des FOC in Zweibrücken stellt einen Schlag ins Gesicht für den innerstädtischen Handel dar“, so Dr. Thomas Scherer, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Rheinland-Pfalz. Gerade in der jetzigen Zeit – nach der Corona-Pandemie mit den damit verbundenen Einschränkungen für den Handel, Lieferkettenprobleme, der steigenden Inflation aufgrund des Ukraine-Krieges, und den rückgängigen Frequenzen in den Innenstädten – zeige diese Erweiterung, dass es der Landesregierung, und den untergeordneten Behörden, nicht nur an Fingerspitzengefühl fehle, sondern auch dass dort der Realitätsverlust dort grassiere, so Scherer weiter. Die Freigabe einer Erweiterung durch Genehmigung des Zielabweichungsverfahrens zeige zudem, dass das […]
Infoblatt: Mitarbeiterbindung mit Hilfe digitaler Tools
Mitarbeiter:innen langfristig im Unternehmen zu halten, wird immer schwieriger, auch der Handel kämpft um Arbeitskräfte. Unterstützen können digitale Lösungen. Doch wie helfen digitale Tools dabei, sich beruflich weiterzuentwickeln? Und welche digitalen Tools unterstützen mobiles Arbeiten? Das kostenfreie Infoblatt des Mittelstand-Digital Zentrums Handel zum Thema „Mitarbeiterbindung mit Hilfe von digitalen Tools“ beantwortet diese und weitere Fragen. Quelle: Mittelstand-Digital Zentrum Handel Handelsverband Deutschland – HDE – e.V. Am Weidendamm 1A 10117 Berlin 06.09.2023
Im Vorfeld der Tarifrunde im rheinland-pfälzischen Einzelhandel am 30.08.2023 Hohe Erwartungen des Handelsverbandes an die Tarifrunde am 30.08.2023 Nachdem die Arbeitgeberseite bereits frühzeitig Angebote für den Abschluss des Tarifes unterbreitete und diese schon zweimal nachgebessert hat, erwarten die Arbeitgeber das in der morgigen Runde die Gewerkschaft sich der Diskussion öffnet und äußert, an welchen Positionen Gespräche möglich sind. Die bisherige Haltung von ver.di noch nicht einmal in konkrete Gespräche einsteigen zu wollen, oder zu können? – führt hier nicht weiter und trägt den Bedürfnissen der Arbeitnehmer nicht Rechnung. ver.di kann nicht erwarten, dass von Arbeitgeberseite ständig Angebotserweiterungen erfolgen, ohne dass […]